Château La Pigotte Terre Feu
Zu den preiswerteren Discounter-Weinen in der Preisklasse von 5 – 10 Euro gehört der Château La Pigotte Terre Feu, auf den offensichtlich hier in Deutschland Aldi seine Hand hält. Bei der Suche nach dem Ursprung dieses Weines bin ich auf etliche russische Webseiten gestoßen, denen zufolge dort in Russland die Dixie-Märkte – oft schmuddelig und mit Billigware bestückt – den Wein verkaufen. Aber dafür kann das Weingut ja nichts – beziehungsweise ist ein Deal mit einer großen Marktkette wohl für jeden Weinproduzenten zunächst einmal ein Gewinn.
Grand Vin de Bordeaux
Dass das Etikett den Château La Pigotte Terre Feu als “Grand Vin de Bordeaux” kennzeichnet, heißt zunächst nicht viel. Denn Grand Vin ist ein gesetzlich nicht geregelter Begriff, den jede Weinkellerei verwenden kann, um ihr bestes Weinangebot zu kennzeichnen.
Interessanter ist da schon
Die Appellationsangabe Médoc
Die unterste Hierarchieebene beim Bordeaux ist der normale AOC-Wein (Appellation d’Origine Contrôlée, das Schutzsiegel für die kontrollierte Herkunft des Weins). Er kann und sollte jung getrunken werden, sprich innerhalb der ersten zwei bis drei Jahre nach seiner Abfüllung.
Die zweite Hierarchieebene bildet dann der “Bordeaux Supérieur“, der durchaus noch gewinnt, wenn man ihn ein paar Jahre im Weinkeller liegen lässt. Im Augenblick (Stand 2022) sind die Jahrgänge 2019 bis 2015 beim Supérieur trinkreif, wobei man den 19er und 18er durchaus noch etwas liegen lassen kann, während Jahrgänge älter als 2015 weiter lagern zu lassen, eher etwas für Wagemutige und Experimentierfreudige ist.
Und dann kommen eben die dritte Hierarchieebene, die der subregionalen Appellationen, von denen es im Bodeaux sechs Stück gibt: neben dem Médoc (zu dem der Château La Pigotte Terre Feu gehört) noch das Haute-Médoc, das Graves, die Region Entre-Deux-Mery, die Côtes de Bordeaux und Saint-Emilion mit seinen Satelliten. Man kann einen Wein einer subregionalen Appellation problemlos jung trinken, sollte aber wissen, dass er zwei bis drei Jahre nach seiner Abfüllung in eine Art “Schlafphase” geht, in der er viel von seiner Fruchtigkeit verliert und schlicht langweilig wird. Erst acht bis zehn Jahren nach seiner Abfüllung erwacht er aus seinem Dämmerzustand und fängt an, ein wirklich komplexes Erlebnis zu sein.
Nur der Vollständigkeit halber sei auch die vierte Hierarchieebene, die der kommunalen Appellationen, erwähnt. Aber von diesen kommunalen Appellationen gibt es derart viele, dass man leicht den Überblick verlieren kann.
Grands Vins Sélection (GVS-Group)

Um etwas über das Château La Pigotte Terre Feu herauszufinden, musste ich etwas länger recherchieren. Auf dem Etikett erfahre ich, dass der Wein im Château “veredelt und ausgebaut” (vinifié et elevé), jedoch nicht abgefüllt wird. Letzteres übernimmt “Grands Vins Sélection” (GVS-Group) in Saint Jean d’Ardières, die sich auch um Design, Lieferketten, Vermarktung etc. kümmern (s. Rückenetikett).
Auf der Website der GVS-Group heißt es unter anderem: “Wir gestalten Ihre Verpackung vom Anfang bis zum Ende: Vorder- und Rückseitenetikett, Verschluss und Umkarton …” Diesem Service ist es zu verdanken, dass Weine verschiedener Weingüter mit nahezu identischem Etikett aufwarten. So unterscheidet sich das Etikett des 2019er “Château Le Vieux Roudey” aus dem Medoc lediglich durch den aufgedruckten Namen, während das Bild des Châteaus, die Aufteilung der Elemente und die benutzten Schriftarten absolut identisch sind.
Château La Pigotte Terre Feu
Um etwas mehr über das Château und den Wein zu erfahren, musste ich jedoch erst über das 1818 gegründete Weinhaus Lestapis et Co. stolpern. Die verkaufen den La Pigotte ebenfalls seit Jahren und haben ein pdf mit den wichtigsten Informationen erstellt. Demnach befindet sich das Château La Pigotte Terre Feu seit den 80er Jahren im Besitz der Familie Perez. Die Weinberge befinden sich im Norden des Medoc in den Gemeinden Saint Yzans und Blaignan auf einer Fläche von 33 ha.
Das klingt rustikal und nach Familientradition. Allerdings ist nicht ganz klar, woher diese Angaben stammen. Denn auf dem Etikett der Flasche selbst werden Stéphanie und Nicolas Frèche als Besitzer des Weinguts genannt. Und sucht man im Internet nach diesen Namen, stößt man leicht auf deren Unternehmen “Freche Earl”: “FRECHE EARL kultiviert Reben. Mit einem Grundkapital von 60.064 € wurde dieses Unternehmen vor 21 Jahren gegründet. Die Räumlichkeiten des Unternehmens befinden sich in Impasse de la Boulangerie 1 in Saint Yzans De Medoc (33); Nicolas FRECHE und Stephanie FRECHE sind derzeit die geschäftsführenden Gesellschafter des Unternehmens. (…) Dieses Unternehmen hat die Marke CHATEAU LA PIGOTTE TERRE FEU am 2. Februar 1999 in Klasse 33 (erneuerte Marke) gemäß den Grundlagen des Nationalen Instituts für geistiges Eigentum registriert.”
Laut dem pdf wird der Wein mechanisch gelesen und an Sortiertischen sortiert. Die Weinbereitung findet traditionell nach Parzellen statt. Vinifiziert wird in Beton- und Edelstahltanks bei sehr leichter Schwefelung. Vier Wochen lang bleibt der Wein zusammen mit den Traubenschalen im Gärtank (Mazeration). 1-maliges Überpumpen und 3-malige Delestage pro Tag, um die Farbe und die Tannine zu extrahieren. Der Ausbau findet im Tank statt.
Der Anteil der Rebsorten Merlot und Cabernet Sauvignon beträgt je 50% beträgt. Laut vivino.com enthält der Pigotte auch die Rebsorten Cabernet Franc, Malbec und Petit Verdot, die im pdf nicht angegeben sind. Das mag daran liegen, dass der Flyer wohl noch aus dem Jahr 2016 stammt und sich seitdem – nicht zuletzt durch den Klimawandel – einiges getan hat. Die Rebsorten Merlot und Cabernet Sauvignon werden im Bordeaux immer stärker durch andere Sorten ergänzt, die der Trockenheit und den extremen Temperaturen besser standhalten können.
Lohnt sich der Kauf?
Angesichts der Tatsache, dass Aldi den Wein für unter 6 Euro anbietet, lässt sich wohl nicht meckern. Vergleichbare Weine aus dem Medoc kosten normalerweise locker zwei bis drei Euro mehr. Damit ist das Preis-Leistungs-Verhältnis kaum zu schlagen.
Ich selbst halte nichts von den blumigen Beschreibungen, mit denen viele Hobby-Weintrinker ihr Fachwissen zu demonstrieren versuchen. Angesichts der Tatsache, dass der Wein laut pdf nie ein Eichenfass von innen gesehen hat, verwundert es mich jedoch, dass bei ca. 20% der Beschreibungen für den Château La Pigotte Terre Feu das Wort “eichig” auftaucht.
Mit der Zielgruppe der “Aldi”-Käufer bezweifle ich, dass der Wein in vielen Kellern verschwinden wird, um sich acht bis zehn Jahre Zeit zum Reifen zu nehmen. Das ist eigentlich schade, denn mir ist die Säure des jungen Pigotte noch zu aggressiv. Sie wird sich mit den Jahren ein wenig abmildern. Und auch das Bouquet wird mit der Zeit gewinnen. Am ehesten erinnert mich die Nase noch an Pflaume, doch ist sie nur schwach ausgeprägt.
Allerdings ist der Pigotte auch der einzige Bordeaux, den Aldi derzeit im Sortiment hat. Wer also seinen Wocheneinkauf bei Aldi erledigt und gern einen Bordeaux mit nach Hause nehmen möchte, kommt derzeit um den Château La Pigotte Terre Feu kaum herum.